Wiedereintritt in den Arbeitgeberverband (Mai 2023)


Der Stadtrat beschließt:

001 Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zu prüfen, wie ein Wiedereintritt der Stadtwerke Jena GmbH sowie ihrer nicht tarifgebundenen Tochterunternehmen in den Arbeitgeberverband vollzogen werden kann und welche Auswirkungen
ein solcher Eintritt auf die bestehenden Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte.
002 Dazu legt der Oberbürgermeister dem Stadtrat bis zur Stadtratssitzung am 06. September 2023 eine Berichtsvorlage vor.

Begründung:

Die fehlende Tarifbindung in einigen Unternehmen bzw. Tochterunternehmen der Stadtwerke Gruppe ist nach dem Austritt der Stadtwerke Jena aus dem Arbeitgeberverband wiederholt Thema im Stadtrat gewesen. Normalerweise verhandeln in
Unternehmen mit Tarifbindung die Tarifpartner über Löhne und Beschäftigungsbedingungen, in Unternehmen ohne Tarifbindung schließen die Geschäftsführungen z.B.mit Betriebsräten Vereinbarungen zu Regelungsabreden.
Ziel der Beschlussvorlage ist es, die Möglichkeit eines Wiedereintritts der Stadtwerke in den Arbeitsgeberverband und dessen Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigungsbedingungen prüfen zu lassen.

Die Vorlage wurd in die Ausschüsse verwiesen.

 

Erhalt des Fachbereichs Geschlechtergeschichte (Dezember 2022


Der Stadtrat beschließt:

001 Der Stadtrat Jena erklärt seine Unterstützung für den Erhalt des Fachbereichs Geschlechtergeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
002 Der Stadtrat Jena beauftragt den Oberbürgermeister Gespräche mit dem Präsidenten der Universität Jena, Walter Rosenthal, und dem Dekan der Philosophischen Fakultät, Christoph Demmerling, zu führen, um Möglichkeiten für den Erhalt des Fachbereichs Geschlechtergeschichte auszuloten.

Die Beschlussvorlage wurde auf Antrag der CDU-Fraktion durch die Mehrheit des Stadtrates von der Tagesordnung genommen (was nicht üblich ist), nachdem der Fachdienst Recht die Vorlage für rechtswidrig erklärt hatte.
Es wurde eine geänderte Vorlage erarbeitet, die ebenfalls "durchfiel". Schließlich wurde im Januar 2023 folgende Version vorgelegt.

Der Stadtrat beschließt:
001 Der Stadtrat Jena erklärt seine Solidarität mit den Studentinnen und Studenten sowie Lehrenden, die sich für den Erhalt des Fachbereichs Geschlechtergeschichte aussprechen.

Begründung:
Ab dem Jahr 2025 wird es nach bisheriger Planung keine historische Geschlechterforschung mehr an der Universität Jena geben: Am 12. Juli 2022 beschlossen die Mitglieder des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät mit einem 10 zu 7 Votum die Nicht-Neubesetzung des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte. Wenn Professorin Gisela Mettele in drei Jahren emeritiert, werden Geschlechterthemen nicht länger institutionell am Historischen Institut verankert sein.
Die Geschlechtergeschichte gibt aktuellen gesellschaftlichen Diskussionen um Geschlecht, Sexualität, Ungleichheit und auch Arbeit und Güterverteilung historische Tiefendimension. Die Entscheidung des Fakultätsrats steht im Widerspruch zur öffentlichkeitswirksamen Positionierung der Universität
Jena für die Themen "Geschlechtergerechtigkeit" und "Vielfalt". Die Streichung des Lehrstuhls hat große Auswirkungen auf die Universität Jena, aber auch auf Jena als angesehenen Hochschulstandort.Um weiterhinintersektionale und ungleichheitssensible Forschung in Jena zu verankern,
braucht es dieGeschlechtergeschichte als eigenständigen Lehrstuhl.
Seit mehreren Monaten kämpfen Studierende deshalb für den Erhalt des Fachbereichs. Weitere Forderungen zielen eine zukünftige Demokratisierung der Personalpolitik an der Universität und eine Verbesserung der  Arbeitsverhältnisse an der Universität. Ihnen ist von Seiten des Stadtrates die
Solidarität auszusprechen.

Nach kontroverser Diskussion wurde die Vorlage mit knapper Mehrheit angenommen.

Neuregelung der Plakatierung bei staatlichen Wahlen (November 2021)

Die Vorlage wurde von MdB Ralph Lenkert und Jens Thomas eingebrachf

Der Stadtrat beschließt:

001Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat im Dezember 2020 eine Beschlussvorlage zur Änderung der geltenden Regelungen zur Plakatierung bei staatlichen Wahlen vorzulegen, die folgende Änderungen beinhaltet
 

  1. Die Anzahl der Standorte für Wahlplakate im Stadtgebiet der Stadt Jena, einschließlich aller Ortsteile, wird für alle Wahlen beschränkt. Die maximale Anzahl im Format A1 darf 1000 Plakate bzw. Werbeträger für jede Partei, Wählervereinigung, Organisation und Einzelbewerber, die für die jeweilige Wahl auch tatsächlich Wahlvorschläge eingereicht haben, nicht überschreiten. Großplakate sind davon ausgenommen.
  2. Je Lichtmast dürfen nicht mehr als 4 Doppel-Plakate übereinander angebracht werden.
  3. Die Anzahl der Plakate wird mittels ausgegebener Siegelmarken kontrolliert. Beschädigte, entwendete oder abgehangene Plakate dürfen ersetzt werden.
  4. Mit der Plakatierung darf 44 Tage vor dem Wahltermin begonnen werden. Die Plakate sind bis spätestens 2 Wochen nach dem Wahltermin zu entfernen.

Die Vorlage wurde in die Ausschüsse verwiesen.

 

Jena wird Stadt gegen Rassismus (März 2020)


Der Stadtrat beschließt:

001 Die Stadt Jena tritt der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und dem gleichnamigen Verein bei und nimmt den 10-Punkte-Aktionsplan an.

002 Der Oberbürgermeister wird gebeten, eine dafür verantwortliche Stelle zu benennen, die zeitnah den Beitritt und die Umsetzung des Aktionsplans koordiniert.

003 Der Oberbürgermeister wird gebeten, den Beitritt und Aktivitäten im Rahmen der Städtekoalition auf geeignete Weise öffentlich zu machen.

Begründung:
Die „Koalition der Städte gegen Rassismus“ ist eine 2004 von der UNESCO ins Leben gerufene Initiative, um ein Netzwerk von Städten zu schaffen, die zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung beitragen wollen. Die UNESCO kooperiert heute mit regionalen Städtekoalitionen in sechs Weltregionen, in 126 Städten, in 22 Ländern um geeignete, lokal angepasste Strategien zur Rassismusbekämpfung zu entwickeln. In Deutschland sind über 30 Städte Mitglied in der europäischen Koalition.
Der Startschuss fiel in Nürnberg. Heute koordiniert ein Büro beim Potsdamer Oberbürgermeister die Zusammenarbeit der europäischen Städte, die sich einmal jährlich zu Konferenzen treffen.

Mitglieder (Auswahl):

Städte in Ost-Deutschland:

  • Apolda
  • Leipzig
  • Dresden
  • Halle
  • Magdeburg
  • Potsdam

Partnerstädte:

  • Aubervilliers
  • Erlangen

Die Vorlage wurde in den Hauptausschuss verwiesen und im Juli 2020 mit großer Mehrheit beschlossen.

 

Unterzeichnung des Städteappells der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (Januar 2020)

Der Stadtrat beschließt:

001 Der Jenaer Stadtrat unterstützt und unterzeichnet den Städteappell der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen.

Unsere Stadt ist zutiefst besorgt über die immense Bedrohung, die Atomwaffen für Städte und Gemeinden auf der ganzen Welt darstellen. Wir sind fest überzeugt, dass unsere Einwohner und Einwohnerinnen das Recht auf ein Leben frei von dieser Bedrohung haben. Jeder Einsatz von Atomwaffen, ob vorsätzlich oder versehentlich, würde katastrophale, weitreichende und lang anhaltende Folgen für Mensch undUmwelt nach sich ziehen. Daher begrüßen wir den von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag zum Verbot von Atomwaffen 2017 und fordern die Bundesregierung zu deren Beitritt auf.“

002 Der Text des Appells wird auf geeignete Weise und gut sichtbar auf der Internetseite der Stadt veröffentlicht.

Begründung:

Der Atomwaffenvertrag wurde von der UN-Generalversammlung am 7. Juni 2017 mit 122 Stimmen angenommen. Bis April 2019 hatten 70 Staaten unterzeichnet –Deutschland nicht. 23 Staaten haben den Vertrag ratifiziert. Meinungsumfragen in einigen Staaten zeigen eine starke öffentliche Unterstützung für ein Verbot von Atomwaffen:

  • Australien 84%
  • Niederlande 85%
  • Norwegen 77%
  • Schweden 81%
  • Deutschland 93%

Das Engagement der Städten ist wichtig, um Druck auf die Bundesregierung auszuüben, Wenn Städte die Regierung dazu auffordern, dem Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beizutreten, ist dies eine spürbare Mahnung. Die hier in Deutschland lebenden Menschen lehnen mehrheitlich Massenvernichtungswaffen ab. Die Bundesregierung ignoriert diese Sicht bisher.Städte in Deutschland, die diesen Appell bereits unterzeichnet haben sind z.B.:

  • Jenas Partnerstadt Erlangen
  • Berlin, München, Köln, Marburg, Ilmenau, Potsdam, Schwerin, Naumburg,
  • Halle/Saale, Freital, Leipzig
  • insgesamt 67 Städte in Deutschland

ICAN Deutschland e.V. ist der deutsche Zweig der International Campaign to Abolish Nuclear weapons (ICAN) und damit Mitglied eines globalen Bündnisses von über 450 Organisationen in 100 Ländern. Für die Bemühungen um ein völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen wurde ICAN 2017 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Die Vorlage wurde in die Ausschüsse verwiesen und im Juli 2020 mit knapper Mehrheit angenommen.

 

Änderung der Ehrengräbersatzung (November 2019)

 

 

 

Der Stadtrat beschließt:

001 Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für die Sitzung des Stadtrates am 04.12.2019 die Ehrengräbersatzung dahingehend zu ändern, dass das auf dem Ostfriedhof befindliche Grab von Norbert Reif als schützenswerte Grabstätte der Stadt Jena aufgenommen wird.

Begründung:

Norbert Reif ist in der Stadt vor allem als Begründer der Kulturarena bekannt. Er wurde am 1.12.1946 in Kassel geboren. Wie sein Vater erlernte er dort den Beruf des Werkzeugmachers, arbeitete für eine Brauerei und betrieb die Cafeteria der Gesamthochschule Kassel. In Kassel-Nord wirkte er von Mitte der 70er Jahre am Aufbau des Soziokulturellen Zentrums "Schlachthof" mit. Über den zweiten Bildungsweg absolvierte Reif ein Studium der Soziologie in Kassel und war dann als Mitarbeiter des Kulturamts der Stadt Kassel tätig. Im Jahr 1990 ging Reif nach Jena, wo er von 1991 bis 1999 das Kulturamt leitete und in dieser Funktion auch die Gründung und Durchführung des Sommerfestivals Kulturarena Jena von 1992 bis 1999 verantwortete. Mit viel Gespür, Talent, Know-how und Sozialkompetenz gelang es ihm, das Festival über ein Instrument des Stadtmarketings und ein überregional beachtetes Musik-Event hinaus zu einem Ereignis werden zu lassen, das für die eingeladenen Künstler*innen und die jungen und älteren Besucher*innen gleichermaßen zu einem beliebten Treffpunkt wurde. Ebenso begleitete er als Verantwortlicher der Stadt die Wiederbelebung und den Erhalt des Theaterhauses Jena mit Höhen und Tiefen und unterstützte die Wege des Soziokulturellen Zentrums Kassablanca, des Schillerhofs, der Jenaer Philharmonie und des Jenaer Tanztheaters tatkräftig und mit großer Sachkenntnis. In den 90er Jahren verantwortete er unteranderem die Projekte der Stadt Jena in Vorbereitung zum Kulturstadtjahr Weimar 1999. Höhepunkte waren das Europäische Kulturfestival EUROVOICES und dasComputerfestival dialogos99, ebenso wie ein Konzert der Kremerata Baltica oder die Ausstellung "Paul Klee in Jena", die große Beachtung fanden. Auf Basis des traditionsreichen Festivals Pantomimetage ermöglichte Reif das Projekt "Theater in Bewegung". Im Sommer 1999 ehrte ihn der Bundespräsident Roman Herzog für sein Schaffen.

Am 8. Oktober 1999 wurde Norbert Reif aufgrund umstrittener Argumente von der Stadt Jena vom Dienst suspendiert. Die Anschuldigungen wurden erst ein Jahr später, zum Zeitpunkt seines Todes, für nichtig erklärt. Er erlag am 9. Oktober 2000 einem schweren Krebsleiden.

 

Würdigung von Karl Marx anlässlich seines 200. Geburtstages (April 2017)


Der Stadtrat beschließt:

001
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, Gespräche mit der Friedrich-Schiller-Universität zu führen, mit dem Ziel, die Karl-Marx-Büste im Stadtbild von Jena spätestens ab dem 5. Mai 2018 wieder aufzustellen.

Begründung:
Im März 1992 wurde die Büste von Karl Marx nach kontroversen Diskussionen aus demöffentlichen Raum der Stadt Jena entfernt und eingelagert.
Karl Marx gilt als einer der bedeutendsten Universalgelehrten in der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts. 1841 promovierte er in Jena (in Abwesenheit) zum Doktor der Philosophie. Das Thema seiner Promotionsschrift lautete: „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“.
Für die Stadt Jena und die Friedrich-Schiller-Universität sollte es ein willkommener Anlass sein, zum 200. Geburtstag von Karl Marx sowohl auf seine wissenschaftlichen Leistungen als auch darauf zu verweisen, dass er die Jenaer Universität für die Einreichung seiner Promotion ausgewählt hat. Seine Geburtsstadt Trier als auch andere Kommunen besitzen Skulpturen des großen Denkers und bereiten umfangreiche Ausstellungen zu Ehren seines 200. Geburtstagesam 5. Mai 2018 vor. So finanziert z.B. die Friedrich-Ebert-Stiftung, die das Karl-Marx-Haus in Trier in ihrer Obhut hat, eine neue Dauerausstellung mit einem siebenstelligen Euro-Betrag.
Auch Jena würdigte mehrfach in Ausstellungen und Publikationen die Leistungen von Karl Marx.

Die Vorlage wurde nach längerer, teilweise heftig geführter Diskussion angenommen.

 

Einrichtung eines Sonderausschusses zum Freizeitbad GalaxSea (Januar 2013)


Der Stadtrat beschließt:

001 Auf Grundlage des §36 der "Geschäftsordnung für den Stadtrat und die
Ausschüsse der Stadt Jena" wird ein Sonderausschuss des Stadtrates zum
Freizeitbad „GalaxSea“ gebildet.

002 Der Ausschuss untersucht - auch unter Hinzuziehung von Sachverständigen und zu erstellenden bzw. vorliegenden Gutachten - Verantwortlichkeiten, Fehler und (finanzielle) Schäden bei der Errichtung, im Betrieb und letztlich in Folge der Schließung des "GalaxSea". Er untersucht die Ursachen der verspätet festgestellten Baumängel, benennt Verantwortlichkeiten innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung Jena und stellt fest, ob es auf persönlicher oder struktureller Ebene zu Versagen gekommen ist.

003 Der Ausschuss legt einen Abschlussbericht vor, mit dem eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen einschließlich eventueller Schadenersatzforderungen oder rechtlicher Verfolgung verbunden ist. Sollten organisatorische oder
gesellschaftervertragliche Mängel zur aktuellen Situation beigetragen haben,
empfiehlt der Ausschuss Veränderungen, um nachhaltig Abhilfe zu schaffen.

004 Ziel der Ausschussarbeit ist zudem festzustellen, wann und ob unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit einer Wiedereröffnung des "GalaxSea" zu rechnen ist und welche weiteren Kosten für die Stadt Jena und die Stadtwerke Jena-Gruppe bis zu diesem Zeitpunkt entstehen werden.

Die Koaltionsfraktionen brachten einen Änderungsantrag ein, wonach der Sonderausschuss innerhalb des Aufsichtsrates eingerichtet werden soll. Nach einer fast anderthalbstündigen Diskussion darüber, ob der Aufsichtsrat die Funktion ausfüllen kann und wie dem Interesse der Öffentlichkeit gerecht werden soll, wurde der Änderungsantrag angenommen.

Solidaritätserklärung mit Dresdener Vereinen (März 2011)


Der Stadtrat möge beschließen:

001     Der Stadtrat der Stadt Jena erklärt sich mit den Dresdner Jugendprojekten „Die Praxis“ im Stadtteil Löbtau sowie den Vereinen im „Haus der Begegnung“ solidarisch.

Begründung:

Im Zuge des Aufmarsches tausender Neonazis am 19.02.2011 in Dresden wurde das alternative Jugendzentrum „Praxis“ von mehr als einhundert Neonazis angegriffen. Die Rechtsextremisten konnten über zehn Minuten lang Fenster einschlagen, das Gebäude mit Steinen bewerfen und davor geparkte Fahrzeuge zerstören. Zu Personenschäden kam es zum Glück nicht, jedoch ist der entstandene Sachschaden enorm. Im Internet kursierende Videos zeigen, dass sich der Naziangriff in Sicht- und Hörweite mehrere Polizeibeamter ereignete, die der Gewalt tatenlos zusahen. Auch konnte die Attacke keine Überraschung sein: bereits bei einem Aufmarsch von Neonazis am 13.02.2010 kam es zu einem Angriff auf das Objekt. Zudem hatten Nazis im August 2010 versucht das Wohnprojekt in Brand zu setzen. Dennoch wurde die „Praxis“ auch am 19.02.2011 nicht von der Polizei vor den Angriffen der Neonazis geschützt. Nachdem alles in der Reichweite der Rechten zerstört wurde, zogen diese ungehindert weiter. Die Polizei nahm keinen einzigen der Neonazis fest. Die Tatenlosigkeit der Polizei gegenüber des absehbar, gewalttätigen Angriffes auf ein alternatives Wohn- und Jugendhaus ist skandalös.

Zu einem zweiten eklatanten Vorfall durch die Polizei kam es am Abend des 19.2.2011, als vermummte Beamte ohne rechtsstaatliche Begründung die Geschäftsstelle sowie das Jugendhaus des Vereins „Roter Baum e.V.“ stürmten und demolierten. Der Verein ist weder Mitglied noch Unterzeichner des Bündnisses „Dresden Nazifrei“, gegen welches sich die Razzia richtete. Hier wurden unbeteiligte Dritte vorläufig festgenommen, erkennungsdienstlich behandelt und erst nach mehreren Stunden wieder freigelassen. Auch dieses Vorgehen der Polizei ist ein Skandal.
 
Der Stadtrat Jena erklärt sich mit den betroffenen Einrichtungen solidarisch. Wir fordern den Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden auf, sich umgehend und nachhaltig für die Arbeitsfähigkeit der „Praxis“ sowie des „Roten Baum e.V.“ einzusetzen und deren Existenz langfristig zu sichern.


Unterstützung des Volksbegehrens (März 2010)


Der Stadtrat beschließt:
001 Der Stadtrat erklärt sich solidarisch mit den Forderungen des „Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik“ und unterstützt den Jenaer Trägerkreis in seinem Bemühen, die Unterschriftensammlung durchzuführen.

Begründung:
Am 10. Februar 2010 startete das „Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik“ in Thüringen. Ziel sind Änderungen an einem Gesetz, das der Thüringer Landtag trotz zahlreicher Proteste am 8. Dezember 2005 beschlossen hatte und welches unter der Bezeichnung „Familienoffensive“ bekannt ist.
In der Folge stand den Kindertagesstätten des Freistaates deutlich weniger Geld zur Verfügung. Ursache dafür war, dass bei der Finanzierung von einer „Objekt-“ zu einer „Subjekt“-Förderung umgestellt wurde, was bedeutete, dass es nun Mittel nur noch für tatsächlich belegte Plätze gibt. Mit den Minderausgaben von ca. 50 Millionen Euro wird vor allem das Landeserziehungsgeld finanziert.
Kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gründete sich eine Initiative mit dem Ziel, mit Hilfe eines „Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik“ Änderungen zu erreichen und erarbeitete dazu einen Gesetzentwurf.
Im Februar 2006 solidarisierte sich der Jenaer Stadtrat mit dem Vorhaben des Trägerkreises.
Dessen Anliegen scheiterte allerdings im Dezember 2007, da das Thüringer
Verfassungsgericht erklärte, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht darüber entscheiden können, ob ein kostenfreies Kita-Jahr eingeführt oder Gebühren auf dem Stand von 2005 eingefroren werden können.
2009 verkündete die Initiative den Start eines neuen Volksbegehrens. Denn inzwischen waren verschiedene Studien veröffentlicht worden (darunter eine, die die Landesregierung selbst in Auftrag gegeben hatte), die alle belegten, dass es den Kindereinrichtungen in Thüringen an Personal mangelte. Der Mehrbedarf wurde landesweit auf mindestens 2.000 Vollzeitstellen beziffert.
Auch die Stadt Jena bekam die Auswirkungen der „Familienoffensive“ zu spüren. Als Folge fasste der Stadtrat bereits mehrere Beschlüsse zur Qualitätssicherung in Jenaer Kindertagesstätten. So wurden zusätzliche Mittel bereitgestellt, um die sich aus der Studie von Prof. Merten „Bedarfsgerechte Personalausstattung in Jenaer Kindertagesstätten“ ergebenen Forderungen zumindest teilweise umsetzen zu können – die Anhebung der Personalversorgung auf das Niveau des Bundesdurchschnitts.
Für das Jahr 2010 wurden mehr als 1 Million Euro an zusätzlichen kommunalen Mitteln
für die ergänzende Personalversorgung in Jenaer Kindertagesstätten bereit gestellt. In der Begründung heißt es unter anderem, dass diese Maßnahmen die personelle Unterversorgung in Kindertagesstätten durch das ThürKitaG relativieren.
Im Dezember 2009 brachten die Fraktionen DIE LINKE und Bündnis 90/Die Grünen den Entwurf für ein „Gesetz zur Änderung des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes und anderer Gesetze (Gesetz für eine bessere Familienpolitik in Thüringen)“ in den Thüringer Landtag ein. Inzwischen liegt auch vom SPD-geführten Kultusministerium ein Gesetzentwurf vor. Mögliche angekündigte Verbesserungen sind leider bisher vom Landtag nicht verabschiedet worden.
Das „Volksbegehren für eine bessere Familienpolitik“ ist vor diesem Hintergrund eine für die Bildung und Erziehung der Kinder im Freistaat notwendige Minimalvariante, wenn der Landtag keinen der eingebrachten Gesetzentwürfe in der ursprünglichen Fassung umsetzt.
Der Trägerkreis des Volksbegehrens, der die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren durchführt, um im Ergebnis eine schnelle Verbesserung der Betreuungssituation in den Kitas des Landes Thüringen zu erreichen, benötigt daher breite Unterstützung.

Die SPD-Fraktion brachte einen Änderungsantrag ein: "Der Stadtrat erklärt sich solidarisch mit den Forderungen des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik und begrüßt, dass diese im Entwurf für das Kindertagesstättengesetz vom Thüringer Landtag umgesetzt werden sollen."

Mit dieser Änderung erreichte der Beschluss eine Mehrheit.


Digitales Gedenkbuch (Februar 2010)


Der Stadtrat beschießt:

001     Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein digitales Gedenkbuch der Stadt Jena zu erarbeiten, in das die Namen aller durch das nationalsozialistische Regime verfolgten und ermordeten Bürgerinnen und Bürger Jenas aufgenommen werden.

002     Zur Umsetzung dieser Aufgabe soll ein ehrenamtlich arbeitender Beirat Jenaer Bürgerinnen und Bürger einberufen werden. Die jeweiligen Arbeitsstände sollen fortschreibend auf der Internetseite der Stadt Jena veröffentlicht werden.

Begründung:

Mit der Erarbeitung des Gedenk- und Totenbuches will die Stadt Jena das Gedenken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft als untrennbaren Bestandteil der Erinnerung an eines der schwärzesten Kapitel ihrer Stadtgeschichte auf Dauer bewahren.
Der Bezug zu Jena soll weit gefasst werden. Das Gedenk- und Totenbuch soll an Menschen erinnern, die in der Zeit der NS-Diktatur verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer vermeintlich anderen Rasse zugerechnet wurden, deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde, die ihr Leben wegen ihres Widerstands gegen die NS-Diktatur lassen mussten, die dem Tod geweiht waren, weil sie den faschistischen Eroberungs- und Ausrottungskrieg ablehnten, an ihrer humanistischen Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten oder weil sie wegen ihrer anderen sexuellen Orientierung nicht dem menschenverachtenden Volksgedanken der Nationalsozialisten entsprachen. Seit 2000 hat die Stadt Leipzig ein ähnliches Projekt auf den Weg gebracht.

Die Vorlage wurde in den Kulturausschuss überwiesen.


Gedenk- und Erinnerungskonzept (Februar 2010)


Der Stadtrat beschließt:

01 Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat bis zum September 2010 ein Konzept zum Umgang mit der lokalen NS-Vergangenheit (Gedenk- und Erinnerungskonzept) vorzulegen, welches insbesondere das Ehren und Gedenken der Opfer der NS-Diktatur sowie der vielfältigen Formen des Widerstandes beinhaltet.
Hierzu soll(en):
a) der Bestand der vorhandenen Gedenk- und Erinnerungsorte sowie deren baulicher
Zustand erfasst werden,
b) Maßnahmen zu ihrem Erhalt und gegebenenfalls Neugestaltung vorgeschlagen werden,
c) ein Vorschlag für einen zentralen Ort des Gedenkens der Opfer des Nationalsozialismus sowie der vielfältigen Formen des Widerstandes gegen die NS-Diktatur in Jena erarbeitet werden,
d) Debattenräume, in welchen die Darstellung, Vermittlung von Kenntnissen sowie die Diskussion über die NS-Zeit möglich ist, geschaffen werden,
e) ein Lernort für thematische Arbeit, insbesondere mit Kindern und Jugendlichen, etabliert werden,
f) die regelmäßigen bzw. zu Jahrestagen geplanten öffentlichen Gedenktermine und ihre Ausgestaltung erfasst werden,
g) die Zusammenarbeit der Stadt mit zivilgesellschaftlichen Initiativen, der Friedrich-Schiller-Universität und der Gedenkstätte Buchenwald gefördert werden.

02 Zur Erarbeitung eines umfassenden und wissenschaftlich fundierten Konzeptes wird ein Gremium gebildet, das sich aus Historikern, Vertreterinnen und Vertretern von Vereinen, Verbänden und Initiativen, Denkmalpflegern, Vertretern des Stadtrates sowie engagierten Bürgerinnen und Bürgern zusammensetzt. Insbesondere werden zur Mitarbeit in diesem Gremium eingeladen: Jenaer Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus, Antifa Jena,
VVN/BdA Jena, Kokont.
03 Mögliche finanzielle Auswirkungen des Gedenkstättenkonzepts sowie begleitender Forschung werden im Zuge der Erarbeitung geprüft und sollen nach Beschlussfassung Eingang in die Haushaltsplanung 2011 finden.

Begründung:
Die gegenwärtig stattfindende Debatte zum Petersenplatz hat gezeigt, dass es hinsichtlich der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Jena noch eine Vielzahl von weißen Flecken gibt. Mit dem hier vorgeschlagenen Konzept des städtischen Gedenkens der Opfer der NS-Diktatur sowie der vielfältigen Formen des Widerstandes soll der bisherige Stand der Aufarbeitung erfasst und die Grundlage für eine künftige Jenaer Erinnerungslandschaft geschaffen werden.

Die Vorlage wurde in den Kulturausschuss verwiesen.