Tag der Arbeit - ein Tag zum Feiern für alle Beschäftigte?

 

Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Stadtrat ergibt für Beschäftigte mit Beteiligung der Stadt Jena das Bild der anhaltenden Tarifflucht durch die Stadt.

Ein öffentlicher Arbeitgeber sollte in all seinen Bereichen als guter Arbeitgeber Vorbild sein. Gerade Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter ist als Sozialdemokrat gefordert, wenn es darum geht, dass nicht nur die Beschäftigte der Kernverwaltung, denen er täglich in die Augen sieht, sondern auch die Beschäftigten, die in den kommunalen Unternehmen die Leistungsfähigkeit der Stadt Jena absichern, für ihre gute Arbeit auch gute Löhne erhalten. Und das sind, eigentlich für einen Sozialdemokraten selbstverständlich, Tariflöhne.

Die Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Stadtrat hat aber ergeben, dass es hier gerade klemmt. "Wenn eine Stadt wie Jena Sozialpartnerschaft und gute Arbeit mit zwei unterschiedlichen Ellen misst, ist das einem öffentlichen Arbeitgeber nicht würdig und gefährdet die Zukunftsfähigkeit der Betriebe mit städtischer Beteiligung. Unterschiede von mehreren hundert Euro zum Flächentarifvertrag sind ebenso an der Tagesordnung wie ungleiche Bezahlung für vergleichbare Arbeit. Gerade am Tag der Arbeit, wo für die Rechte auf gute Arbeit, Tariflöhne und soziale Absicherung für alle Arbeitnehmer gekämpft wird, ist diese politisch gewollte Ungerechtigkeit der eigentliche Skandal in Jena. Ich fordere die Sozialdemokraten Dr. Albrecht Schröter und Thomas Dirkes auf, sich der berechtigten Forderung nach Bezahlung gemäß des Flächentarifvertrages für alle Beschäftigte, die direkt oder indirekt der Stadt verbunden sind, einzusetzen und bis 2018, in der die Wahl zum Oberbürgermeister ansteht, alle Betriebe mit städtischer Beteiligung wieder in den Flächentarifvertrag zu überführen", so Ralph Lenkert, Bundestagsabgeordneter der Partei DIE LINKE. und Mitglied der IG Metall.

Zum Verständnis der Stadt Jena als Arbeitgeber meint der Landtagsabgeordnete und Mitglied der GEW Torsten Wolf: "Als ehemaliger Gewerkschaftsvorsitzender weiß ich gut, was es heißt, wenn Arbeitnehmer zu Bittstellern werden. Nichts anderes sind Regelungsabreden. Tarifbindung bietet den Arbeitnehmern eine rechtliche und soziale Sicherheit. Einzelne Arbeitnehmer und Betriebsräte können nicht für die Verbesserung ihrer Einkommen oder Arbeitsbedingungen verhandeln, wenn sie keine Durchsetzungskraft, kein Streikrecht haben. Und ohne Streikrecht, so das Bundesverfassungsgericht, sind Verhandlungen um bessere Einkommen und gute Arbeit "kollektives Betteln". Dieser Zustand mag manch politischen Verantwortlichen freuen. Für die mehr als 2.500 Beschäftigten in den Unternehmen mit städtischer Beteiligung, für die kein Tarifvertrag sondern nur Regelungsabreden gelten, heißt das, auf Grund des Gutherrenverständnisses des Oberbürgermeisters Dr. Schröter Arbeitnehmer zweiter Klasse zu sein. In der letzten Stadtratssitzung äußerte der Oberbürgermeister, "es hätte sich noch kein Beschäftigter der Stadtwerke bei ihm beschwert". Das macht die Gutsherren-Attitüde des OB deutlich. Statt Arbeitnehmerrechte sollen Beschäftigte offenbar zu Bittstellern werden. Wenn dann noch bei der 100%-Tochter ASI knapp 400 ArbeitnehmerInnen ohne eine betriebliche Arbeitnehmervertretung arbeiten müssen, ist fraglich, mit wem die Geschäftsführung eigentlich verhandelt. Es ist und bleibt ein Skandal, der dringend korrigiert gehört, dass die Stadt Jena und der sozialdemokratische Oberbürgermeister Dr. Schröter bei der Erbringung öffentlicher Daseinsvorsorge auf Tarifflucht setzt und die Wahl von Betreibsräten nicht unterstützt. "

Der Stadtverband DIE LINKE. Jena unterstützt diese Forderung der DGB-Gewerkschaften nach tariflicher Bezahlung für alle Beschäftigte und fordert anlässlich des Tages der Arbeit Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter (SPD) auf, sich für Beitrebsratswahlen als demokratische Vertretung von Arbeitnehmerrechten und tarifliche Bezahlung aller Beschäftigten, auch und vor allem in seinem Verantwortungsbereich, einzusetzen," so Jens Thomas, Vorsitzender des Stadtverbandes der LINKEN in Jena.

Hintergrund: In der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Stadtrat Jena vom 14.12.2016 zum Thema: "Beschäftigungssituation in Unternehmen und Beteiligungen der Stadt Jena" wird seitens der Stadt Jena ausgeführt, dass seit 2005 für einen großen Teil der Beschäftigten in Unternehmen mit städtischer Beteiligung keiner Tarifbindung mehr unterliegen sondern sogenannten Regelungsabreden. Diese bieten neben Betriebsvereinbarungen eine weitere Möglichkeit, mit dem Betriebsrat zu einem bestimmten Gegenstand eine Vereinbarung zu treffen. Sie werden häufig zur Regelung von Einzelfällen, Eilfällen oder Angelegenheiten abgeschlossen, die keine Dauerwirkung haben. Im Unterschied zur Betriebsvereinbarung wirken sie nicht unmittelbar und zwingend in ein Arbeitsverhältnis hinein (Quelle: arbeitsrecht.pfgc.de/betriebsvereinbarung-und-regelungsabrede). Die DGB-Gewerkschaften als Sozialpartner fordern schon seit 2005 die Rückkehr der städtischen Unternehmen Jenas in den Arbeitgeberverband und damit die Rückkehr zum Flächentarif für alle Beschäftigten, die an der kommunalen Leistungserbringung beteiligt sind.