Thüringer Ostermarschaufruf 2020

Für Frieden, Abrüstung und internationale Verständigung

Die Friedensbewegung mahnt seit nun 60 Jahren die Beendigung der atomaren Rüstung an. Im Besitz der neun Atomwaffenstaaten befinden sich knapp 15.000 Atomwaffen. Das ist zwar weniger als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, bedeutet aber immer noch einen Overkill für die Welt.1 2019 kündigten erst die USA und danach Russland den INF-Vertrag, der seit 1987 die Stationierung atomarer Mittelstreckenwaffen in Europa verbot. Ein neues atomares Wettrüsten ist in vollem Gange. Anstatt das UN-Atomwaffenverbot zu unterzeichnen, steht Deutschland kurz vor der Beschaffung von US-Bombern, die u.a. über neue Trägersysteme für Atomwaffen verfügen.2 Statt für Entspannung und Abrüstung zu sorgen, setzen die NATO-Staaten auf Konfrontation.

 

Wir sagen: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

Am 8. Mai vor 75 Jahren endeten mit der Kapitulation der Wehrmacht im II.Weltkrieg auch die grausamen Verbrechen des Holocausts. An diesem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus atmeten die Verfolgten des Naziregimes in ganz Europa auf. Heute sind blinder Nationalismus und militärische Aufrüstung wieder bedrohlich aktuell. Dem wollen wir uns widersetzen. Wir haben genug von all den Kriegen, die derzeit auch mit deutschen Waffen und Soldaten um „stabile Märkte“ geführt werden, in Afghanistan, Syrien, im Jemen, in Mali, in Libyen und anderswo. Wir treten ein für Entspannung, Abrüstung und Frieden!

 

Humanitäre Aufnahme von Geflüchteten - Internationale Solidarität, jetzt!

Menschen in Krisengebieten sind besonders gefährdet und verletzlich. Flüchtlingslager in Griechenland, der Türkei und Nordafrika sind überfüllt und die sanitäre Situation ist dort generell desaströs. Die Gesundheitssysteme der Länder, in denen auch durch deutsche Soldaten Krieg geführt wurde, sind überfordert, teils zerstört. Ein Ausbruch der Corona-Pandemie droht zu einer Katastrophe zu werden, die die Lage in Spanien und Italien noch vielfach übertrifft. Anstatt Gelder in sinnlosen Abschottungsmaßnahmen zu verschwenden, sollten die Staaten des globalen Nordens jetzt in Versorgungsstrukturen und sichere Fluchtwege für schutzsuchende Menschen investieren - das Asylrecht an der EU-Außengrenze muss gewahrt werden.

 

Defender Europe 20“ endgültig absagen - keine Kriegsspiele in Europa

Statt für Entspannung und Abrüstung zu sorgen, setzen die NATO-Staaten auf Konfrontation. Im Zuge des Manövers „Defender Europe 20“ sollten 20.000 US-Soldaten auf dem Seeweg nach Europa gebracht werden, um von Deutschland über Polen und die baltischen Staaten an der russischen Grenze aufzumarschieren.3 Die Rolle der Bundeswehr besteht insbesondere darin das US-Manöver logistisch zu ermöglichen und die deutsche Verkehrsinfrastruktur auf ihre militärische Tauglichkeit zu überprüfen. Trotz der Aussetzung des Manövers wegen des Coronavirus sind bis heute noch Trainingseinheiten und logistische Übungen geplant. Im Sinne einer europäischen Entspannungspolitik sowie den gesundheitlichen Risiken der Pandemie muss die Kriegsübung endgültig abgesagt werden.

 

Militarisierung im In- und Ausland stoppen - zivilen Schutz ausfinanzieren

Die Abkehr vom Verteidigungsauftrag der Bundeswehr ist Ausdruck einer Militarisierung der internationalen Beziehungen und verwickelt Deutschland in völkerrechtswidrige Angriffskriege, wie es der NATO-Partner Türkei in Syrien vor Augen geführt hat. Einen Bundeswehr-Einsatz im Inneren auf Grundlage der Pandemie des Coronavirus lehnen wir ab - das Militär darf keine polizeilichen Aufgaben übernehmen.4 Humanitäre Einsätze der Bundeswehr im In- und Ausland  belegen vielmehr die Unterversorgung der zivilen Strukturen einer Gesellschaft - es gilt das Gesundheitssystem und den Katastrophenschutz ausbauen, statt Haushaltsmittel in der Rüstungsindustrie zu versenken.

 

Nein zu Aufrüstung und Umweltzerstörung!

Das Militär gehört zu den größten Umweltverschmutzern. Kriege heizen das Weltklima immer weiter an. Seit Beginn des sogenannten Krieges gegen den Terror im Jahr 2001 hat das US-Militär 1,2 Milliarden Tonnen Treibhausgase verursacht. Das deutsche Militär produziert jährlich 1,7 Millionen Tonnen CO2 - Unfälle wie den Moorbrand im Emsland nicht mitgerechnet -, das sind 0,2 Prozent des Gesamtausstoßes von Deutschland.5 Neben den direkten Belastungen für Umwelt, Gesundheit und Klima entziehen die hohen Rüstungsausgaben den Haushalten viel Geld für Investitionen in den Umweltschutz und eine echte Energiewende. 2020 werden die deutschen Rüstungsausgaben nach NATO-Kriterien 45 Milliarden Euro übersteigen. Die deutschen Rüstungsexporte erreichten bereits 2019 einen neuen Rekordwert.6

 

Globaler Waffenstillstand – jetzt!

Wir schließen uns dem Aufruf von UN-Generalsekretär António Guterres an und fordern einen globalen Waffenstillstand in allen Teilen der Welt auf. Es ist an der Zeit, bewaffnete Konflikte zu beenden und sich gemeinsam auf den Schutz und die Stärkung der Gesundheits- und Sozialsysteme zu kozentrieren. Auch die Anti-Atomwaffen-Kampagne ICAN und die internationale Ärzteorganisation IPPNW weisen daraufhin, dass die Pandemie des Corona-Virus vergleichbar mit den Folgen einer atomaren Verseuchung sind, die ebenfalls zu einer schnellen Überlastung der Gesundheitssysteme führen würde.7

 

Wir fühlen uns bestätigt in unserer Forderung, endlich kein Geld mehr in zerstörerische, todliche Rüstung zu versenken, sondern alle verfügbaren Mittel für Gesundheit, Klimaschutz, Konversion und zivile Krisenvorsorge einzusetzen.

 

Deshalb fordern wir:

  • Abrüsten statt aufrüsten! Kein Geld für Waffen und Militär, sondern für Bildung, Gesundheit, ein solidarisches Sozialsystem und die Bekämpfung von Hunger und Armut.
  • Humanitären Schutz für Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Unterdrückung fliehen, sowie die Einhaltung der Menschenrechte an den EU-Außengrenzen!
  • Beendet den atomaren Wahnsinn! Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag der UNO und Initativen zu seiner Durchsetzung!
  • Eine neue Entspannungspolitik weltweit! Schluss mit dem militärischen Aufmarsch nach Osten. Brücken für Menschen, nicht für Panzer!
  • Rüstungsexporte stoppen! Konversion von Rüstungsunternehmen und militärischen Liegenschaften! Keine Kriegsvorbereitungen in unserer Nachbarschaft!
  • Sofortige Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr!
  • Austritt aus der NATO mit dem Ziel ihrer Auflösung! Kein NATO-Logistikkommando in Ulm! Keine Beteiligung am eskalativen Wettrüsten mit Russland!
  • Kein Ausbau der EU zur Militärunion, PESCO stoppen!
  • Keine Bundeswehr in Bildungseinrichtungen, auf Ausbildungsmessen und in unserem Stadtbild. Kein Werben fürs Sterben – keine Normalisierung des Militärs!

 

Quellen:

1 – Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) – Fakten. Atomwaffen weltweit [URL: https://www.icanw.de/fakten/weltweite-atomwaffen/]

2 – Wötzel, Uwe: Corona besiegen wir nicht mit Aombomben. In: der Freitag, 19.03.2020 [URL: https://www.freitag.de/autoren/uwe-woetzel/corona-besiegen-wir-nicht-mit-atombombern-2]

3 – Bundeswehr: DEFENDER-Europe 20. Was kommt mit DEFENDER-Europe 20? [URL: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/streitkraeftebasis/uebungen/defender-europe-20]

4 – Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK): Keine hoheitsstaatlichen Aufgaben für die Bundeswehr im Inland - Pressemitteilung, Stuttgart, 28./29. März 2020 [URL: https://www.dfg-vk.de/unsere-themen/anti-militarisierung/keine-hoheitsstaatlichen-aufgaben-f%C3%BCr-die-bundeswehr-im-inland]

5 – Braun, Rainer: Militär ist tödlich, auch für Umwelt und Klima. In: klimareporter, 27. Februar 2020 [URL: https://www.klimareporter.de/international/militaer-ist-toedlich-auch-fuer-umwelt-und-klima]

6 – DFG-VK: Coronakrise muss zum Umdenken führen: Zivile Sicherheit muss Priorität werden! - Pressemitteilung, Stuttgart, 20. März 2020 [URL: https://www.dfg-vk.de/unsere-themen/anti-militarisierung/coronakrise-muss-zum-umdenken-f%C3%BChren-zivile-sicherheit-muss-priorit%C3%A4t-werden]

7 – IPPNW: Ärzteorganisation unterstützt Forderung nach einem sofortigen weltweiten Waffenstillstand - Pressemitteilung, 25.03.2020 [URL: https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/aerzteorganisation-unterstuetzt-forder.html]